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(Der erste Artikel über Windows in der c't, Scan inklusive Bilder gibt es bei den Downloads)

Microsoft Windows

Fensterln gehen

Eckart Steffens

Neue Bedieneroberfläche gefällig? Bitte sehr! Wer Dialogboxen und Mäuschen liebt, muss sich dazu nicht unbedingt Hardware mit einem 'A' (Atari, Apple, Amiga) kaufen. Der einfache PC tut's auch...

Spätestens seit dem Siegeszug des Atari ST dürfte auch dem letzten klar geworden sein, dass es außer der Kommunikation über die Tastatur auch eine andere Möglichkeit des Mensch-Maschine-Datenaustausches gibt: grafische Bildschirmgestaltung mit einer Maus als Eingabemedium - wie es Digital Research realisiert hat. Es ist klar, dass dies andere Software-Fabrikanten nicht ruhen lässt - frühzeitig schon begann man bei Microsoft mit der Entwicklung einer eigenen grafischen Benutzeroberfläche. Mit WINDOWS konnte die Firma dann schließlich ein Softwarepaket vorlegen, das nicht nur diese Kommunikationsmethode beherrscht, sondern auch eine echte DOS-Erweiterung darstellt und es darüber hinaus auch gestattet, mehrere Programme gleichzeitig im Rechner zu halten und zu fahren. Auf neudeutsch: Multitasking.

Installation

Windows wird auf fünf Disketten geliefert und muss zunächst installiert werden. Es ist klar, dass der Computer einen Grafikbildschirm haben muss; man kann jedoch zwischen verschiedenen Auflösungen (IBM-Standardkarte, Extended Grafik, Super-Hi-Res...) wählen. Generell enthält das Paket eine Vielzahl von Treibern, die eine Anpassung an die jeweils gegebene Situation ermöglichen. Da Windows häufiger auf die Disketten zugreift (und dies um so öfter, je mehr Applikationen man gleichzeitig im Speicher hält und je geringer der Hauptspeicher ausgebaut ist), empfiehlt es sich. Windows auf einer Harddisk zu installieren. Nach der Installation und dem Aufruf befindet man sich sodann im 'MS-DOS Executive', gekennzeichnet durch ein Diskettensymbol, das stets den Ausgangspunkt für weitere Aktivitäten bildet. Applikationen, sowie Programme innerhalb oder außerhalb von Windows werden von hier aus aufgerufen.

Applikationen

Der Lieferumfang von Windows enthält mehrere Applikationen, die den Managerschreibtisch (mit Ausnahme des PCs) von allen Papieren und Bleistiften freifegen sollen. Da sind also:

Notepad

Ein Texteditor, der die Erstellung und Bearbeitung von Text-Files gestattet. Diese Applikation versteht sich als 'Kladde' und wird von einigen anderen Applikationen auch so genutzt: mittels Notepad ist auch ein Datentransfer zwischen verschiedenen Applikationen möglich.

Cardfile

Eine sich selbst sortierende elektronische Kartei, die beispielsweise Notizen, Adressen oder ein Telefonverzeichnis enthält. Wer sich hier tatsächlich eine Telefondatei anlegt, kann auf einen hierzulande postalisch verbotenen Service zurückgreifen: Mit einem passenden Modem wird die automatische Wahl der Rufnummer unterstützt.

Terminal

In dieser Betriebsart emuliert der Rechner ein VT-52 oder ANSI-Terminal. Die Terminaleinstellungen und Übertragungsparameter kann man mit Hilfe entsprechender Dialogboxen bestimmen.

Kalender

Ein Terminplaner mit 'Weckfunktion': wird ein eingegebener Termin erreicht oder überschritten, so kann man sich von dem Gerät daran erinnern lassen. Vielleicht ist das das oberflächlich augenfälligste Beispiel für das schon angesprochene Multitasking: Selbst wenn der Kalender nicht aufgerufen ist und nur als Symbol (ICON) auf dem Bildschirm erscheint, läuft das Programm im Hintergrund weiter. Die 'Weckfunktion' wird dann durch ein Blinken des ICON ausgeführt.

Calculator

Ein Taschenrechner, der die Grundrechenarten, Konstantenrechnung sowie 'Wurzelziehen' beherrscht und über einen einfachen Speicher verfügt.

Uhr

Eine Normaluhr, die die Uhrzeit des DOS übernimmt und anzeigt.

Reversi

Ein Brettspiel.

Paint

Ein Zeichenprogramm zur Erstellung grafischer Arbeiten. Hier arbeitet man mit Bleistift und Pinsel, Radiergummi und Sprühdose, Zeichnungen und Ausschnitte davon können in andere Applikationen übertragen werden (zum Beispiel in Notepad, Write).

Write

Eine Textverarbeitung, die gesondert zu beziehen ist, aber unter Windows läuft. Write teilt viele Gemeinsamkeiten mit Microsoft Word. Texte, die unter dem einen Programm erstellt wurden, kann man mit wenigen Nacharbeiten in das andere Programm übernehmen.

Menüs und Boxen

Die Steuerung aller Funktionen innerhalb Windows geschieht durchgängig über Pull-Down-Menüs (respektive Pull-Up-Menüs), aus denen man den gewünschten Menüpunkt auswählen kann. Dies geschieht entweder durch Anklicken mit der Maus oder durch die Eingabe des Anfangsbuchstabens des gewünschten Menüpunkts. Obwohl es wegen des großen Arbeitsgeschwindigkeitsverlustes, besonders bei Applikationen wie Paint, nicht ratsam ist, ohne Maus zu arbeiten, so bleibt dennoch das Gesamtpaket auch mauslosen Computerbesitzern zugänglich.

Der Weg über die Anwahl eines Menüs, die Auswahl daraus, Ausfüllen einer Dialogbox und möglicherweise die Eingäbe eines Namens oder ähnlichem ist aber gegenüber der konventionellen tastaturorientierten Kommando-Bedieneroberfläche so langwierig, dass man dies eigentlich nur als wohlwollende Geste an Einsteiger und solche, die ihr Mäuslein verliehen haben, verstehen kann. Arbeitet man hingegen mit der Maus, ist alles so konsequent aufgebaut, dass man (sofern keine Textdaten einzugeben sind) tatsächlich nur die Maus braucht, um das Programm zu bewältigen.

Cut and Paste

Schneiden und Kleben - und wer schneidet und klebt, tut dies meist nur, um Bilder oder Grafiken in einem Text unterzubringen. Cut and Paste ist unter Windows ein einfaches Vergnügen: in der jeweiligen Applikation wird der gewünschte Ausschnitt gekennzeichnet (z.B. eine Zeichnung aus Paint) und 'ausgeschnitten'; die Anwahl von 'Cut and Paste' überträgt diesen Ausschnitt automatisch in Notepad. Wählt man nur eine neue Applikation (z.B Write). dann kann man, wiederum mittels 'Cut and Paste' aus Notepad den Ausschnitt in Write übertragen. Ergebnis: Eine Grafik im Text.

Das ist insoweit möglich, da alle Applikationen auf einen Grafikbildschirm zugreifen. Es ist auch der Grund dafür, dass zum Beispiel Write eine Vielzahl verschiedener Fonts (Schriftarten) bietet, die man sogar in unterschiedlichen Größen verwenden kann. Auch der Ausdruck solcher Schriften ist problemlos möglich, wenn hierzu ein Epson- oder IBM-kompatibler, grafikfähiger Matrixdrucker zur Verfügung steht: Der Ausdruck erfolgt im Grafikmodus.

Kompatible Software

Sollen andere Programme innerhalb Windows laufen, so muss man sie über ein PIF (Program Information File) aufrufen. Das PIF sorgt unter anderem für die richtige Speicherzuweisung. Gegebenenfalls muss man einige Applikationen schließen, wenn ein 'externes' Programm aufgerufen wird. Einige Programme (z.B. Multiplan) können direkt innerhalb Windows gefahren werden, sind aber auch lediglich von Windows aus aufrufbar und beanspruchen dann den gesamten Bildschirm. Nach dem Ausstieg aus dem Programm (Verlassen von Multiplan mit 'Q') befindet man sich dann automatisch wieder in Windows.

Natürlich gibt es eine Vielzahl von Programmen, die sich weder innerhalb Windows noch von Windows aus starten lassen. Dies sind vorwiegend alle Programmpakete, die extensiven Gebrauch vom Hauptspeicher machen, so dass kein Raum für Windows verbleibt.

Fazit

Hoffen wir auf die Weiterentwicklung dieses Paketes, das zumindest in zweierlei Hinsicht frischen Wind bringt: eine schnelle grafische Bedieneroberfläche und Multitasking-Fähigkeit auf einem PC. Da Windows im Gegensatz zu GEM eine Speicherei-Weiterung um bis zu 8 MByte mit 'Above'-Boards nach Intel/ Microsoft/ Lotus/Ashton-Tate-Standard unterstützt, dürfte auch das gelegentliche Problem der Speicherknappheit zu bewältigen sein. Bleibt jetzt zu wünschen, dass viele gute Programme unter Windows ablauffähig sind (oder werden oder gemacht werden...) - Write ist ein Anfang, und das Grafik-Zeichenprogramm In-A-Vision ist ein Ausblick.

Solche Windows-Applikationen wie 'Clock' oder 'Calculator' bleiben für den ernsthaft PC-'Geschädigten' Gimmicks, wenngleich sie zum Vorführen ganz anschaulich sind. Wer bereits über Pakete wie Multiplan oder 1-2-3 verfügt, kann auch diese Programme (und einige andere mehr) unter Windows laufen lassen, da das Paket hierfür bereits PIF's enthält.

Windows ist bei allen Microsoft-Händlern für 513,00 DM erhältlich.

[Ein Heft später hat die c't ergänzt das der UVP nicht 900 sondern 513 DM ist, und das Write im Lieferumfang ist] 


 Computer Persönlich Ausgabe 25 vom 27.11.1985 Seiten 118-123

(Scan inklusive Bilder gibt es bei den Downloads)

MS-Windows - das Betriebssystem der neuen Computergeneration

Als es Ende 1983 angekündigt wurde, hieß es, dass Microsoft Windows bereits im Frühjahr 1984 an OEMs ausgeliefert werde. Doch Microsoft hatte die Aufgabe scheinbar unterschätzt. Die Entwicklung guter Software braucht ihre Zeit. Erst eineinhalb Jahre später kommt Windows nun auf den Markt, doch das Warten hat sich gelohnt.

Wie die meisten neuen Benutzerschnittstellen ist Windows eine Reaktion auf die Bemühungen um verbesserte Benutzerfreundlichkeit, die sich Anfang 1983 in Form der Apple Lisa konkretisierten. Die Apple Lisa war Anregungen aus dem Xerox Entwicklungslabor PARC (Palo Alto Research Center) zu verdanken, wo auf den Systemen Alto und Star zum ersten Mal Benutzerschnittstellen mit Mausbedienung und bildlicher Darstellung von Objekten entstanden waren. Wenn das Konzept bei den Anwendern auch regen Zuspruch fand, so wurden die ersten Systeme, auf denen solche Benutzerschnittstellen liefen, nicht zu dem ganz großen Erfolg. Die Produktion der Lisa mußte wegen mangelnder Nachfrage eingestellt werden und der Mac konnte sich bis heute noch nicht gegenüber den IBM Personal Computern und kompatiblen Systemen durchsetzen.

Was lag also für mehrere amerikanische Softwarehäuser näher, als eben solche Benutzerschnittstellen mit Mausbedienung für die IBM Personal Computer zu entwickeln. Zu den ersten gehörten VisiOn von VisiCorp und DesQ von Quarterdeck. VisiOn verschwand schon bald wieder vom Markt. Einen bescheidenen Erfolg konnte Quarterdeck mit DesQ verbuchen, doch zu einem Bestseller reichte es auch hier nicht.

Seit Anfang 1985 ist auch Digital Research mit GEM (Graphics Environment Manager) in dieses Geschäft eingestiegen. Doch die Reaktion darauf war ebenfalls wieder bescheiden. Einzig im Heimcomputerbereich konnte DRI mit Atari einen wichtigen OEM-Kunden gewinnen. Im IBM-Sektor hat GEM - nicht zuletzt wegen fehlender Anwendungssoftware - bisher keine Bedeutung erlangt. Darüber hinaus machte GEM in den letzten Wochen damit negative Schlagzeilen, dass DRI von Apple wegen zu großer Übereinstimmung mit der Mac-Software verklagt wurde und nun eine nicht genannte Summe an Apple zahlen und GEM soweit verändern muss, dass es nicht mehr aussieht wie die Mac-Software.

Etwa zur gleichen Zeit wie VisiOn und DesQ wurde Microsoft Windows angekündigt, wobei viele renommierte Softwarehäuser wie Lotus und Ashton-Tate ihre Unterstützung zusagten. Doch die Fertigstellung verzögerte sich immer wieder, es wurde doch Ende Juni 1985, bis das Produkt auf dem amerikanischen Markt an Entwickler ausgeliefert wurde. Wenn man sich das
Ergebnis ansieht, ist diese lange Entwicklungszeit nicht verwunderlich. Microsoft Windows ist nicht nur eine neue Benutzerschnittstelle für MS-DOS, sondern ein eigenes Multitasking-Betriebssystem. Auch dem Mangel an Software, an dem andere solche Produkte laborierten, hat Microsoft auf verschiedene Arten vorgebaut. So wird eine umfangreiche Palette leistungsfähiger Schreibtischutensilien und Anwendungsprogramme mit Windows ausgeliefert. Hier eine Übersicht (die Programmnamen sind in Klammern angegeben):

• Systemprogramme:
Der MS-DOS Executive, die Schnittstelle zum DOS.
Ein Spooler zum Hintergrunddrucken (SPOOLER)
Das Clipboard (CLIPBRD. Pinnwand), die Schnittstelle zwischen Anwendungsprogrammen unter Windows.
Ein Program Information Files Editor (PI-FEDIT), der die Einbindung bestehender Anwendungssoftware erlaubt.
Das Control-Programm (CONTROL), mit dem Einstellungen für Systemparameter wie Verwendung von Farben, Geschwindigkeit des Cursorblinkens, Mausreaktion, Baudraten usw. eingestellt werden können.

• Schreibtischutensilien:
Ein Taschenrechner (CALC).
Ein Terminkalender (CALENDAR).
Ein Notizblock (Notepad), der mit dieser Bezeichnung jedoch nur unzutreffend beschrieben ist, da es sich dabei um einen kompletten einfachen Texteditor handelt.
Ein Karteiprogramm (CARDFILE), mit dem beliebig viele Karteien mit Karten verwaltet werden können, die etwa die Information einer DIN-A7 Karteikarte aufnehmen können.
Eine Uhr (CLOCK). die im Hintergrund läuft und auch als Icon weiterläuft.
Das Spiel Reversi (REVERSI) mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden.

• Anwendungsprogramme:
Das Malprogramm MS-Paint (PAINT), das noch ein wenig leistungsfähiger ist, als zum Beispiel MacPaint oder PC-Paint.
Das Textverarbeitungsprogramm MS-Write (WRITE), das fast ebenso leistungsfähig ist, wie Microsoft Word auf dem Mac.
Ein Terminalemulator (TERMINAL),. der ein VT52- oder ANSI-Terminal emulieren kann und die verschiedensten Kommunikationsprotokolle unterstützt.

Doch das eigentlich erstaunliche an Windows ist der Preis für das komplette Paket: 399 Mark kann man wirklich als sensationell bezeichnen. Wegen seines Umfangs ist es natürlich nicht möglich, Windows hier in allen Details zu beschreiben. Die wichtigsten Programme und Eigenschaften sollen jedoch anhand einiger Bilder und Erläuterungen beschrieben werden.

 

Übersichtliche Systemsoftware

Die zentrale Schaltstelle von Windows ist der MS-DOS Executive. Er bietet alle Möglichkeiten von MS-DOS, wie das Kopieren. Löschen oder Umbenennen von Dateien, das Anlegen von Unterverzeichnissen und Disketten, die Anzeige des Inhaltsverzeichnisses und natürlich den Aufruf von Programmen und Stapeldateien - das alles jedoch wesentlich eleganter und übersichtlicher als unter dem puren MS-DOS. Wenn man zum Beispiel eine Datei kopieren möchte, klickt man einfach mit der Maus den Namen an, so dass er invertiert dargestellt wird und wählt aus dem File-Menü den Befehl Copy. Der Executive fragt dann, wohin die Datei kopiert werden soll. Es gibt hier also kein Rätselraten über die Syntax eines Befehls, das Programm fragt alle benötigten Parameter ab.
Systemeinstellungen werden über das Control Panel durchgeführt. Es erlaubt unter anderem die Einstellung der Schnittstellen, die Auswahl eines Druckers und die Einstellung der Farben oder Schattierungen für die Darstellung der verschiedenen Fensterbestandteile von Windows. Windows unterstützt alle wichtigen Grafikkarten für den IBM-PC, die Hercules-Grafikkarte, die Farb-/Grafikkarte von IBM (und kompatible Karten) und die High-Resolution-Karte von IBM (alias EGA). Mit dem HR-Adapter und einem passenden Monitor kann Windows bei einer Auflösung von 640 x 350 Punkten 16 Farben darstellen. Die Bilder in diesem Artikel entstanden mit dieser Karte, jedoch (bis auf eine Ausnahme) im Schwarz-Weiß-Modus. Der verwendete Computer war ein AT, auf dem die Systemreaktionen durchweg beeindruckend waren.

Am unteren Bildschirmrand werden die derzeit aktiven Programme als Icons angezeigt. Das Diskettensymbol kennzeichnet den MS-DOS-Executive. Auf dem Bild 2 ist bereits eine wichtige Eigenschaft von Windows zu sehen: die kleine Uhr am unteren Bildschirmrand läuft auch während der Arbeit mit anderen Programmen weiter (selbst als Icon), denn Windows ist ein echtes Multitasking-System und die Icons sind dynamisch.

 

Umfangreiche Schreibtischutensilien

Zu einer Benutzerschnittstelle mit Fenstern gehören natürlich auch die sogenannten Schreibtischutensilien. hier hat Windows eine Menge zu bieten. In Bild 3 sind der Notizblock und eine Kartei zu sehen. Der Notizblock ist mit diesem Namen übrigens nicht ganz richtig bezeichnet, denn er ist in Wirklichkeit ein universell einsetzbarer Texteditor, der beliebige ASCII-Dateien verarbeiten kann. Die Kartei erlaubt den Aufbau beliebig vieler Karteien. Die Karten in einer Kartei entsprechen in ihrer Größe etwa den üblichen DIN-A7-Kärtchen. Sie werden auf dem Bildschirm immer sortiert nach der ersten Zeile, dem Schlüssel, angezeigt. Man kann auf eine bestimmte Karte entweder durch Eingabe dieses Schlüssels zugreifen oder das Programm auch nach jedem beliebigen Text auf den Karten suchen lassen. Darüber hinaus kann man natürlich eine Karte die zu sehen ist auch einfach anklicken, worauf sie in den Vordergrund geholt wird. Dieses Kartei-Programm kann wegen seines freien Aufbaus bereits viele Datenverwaltungsaufgaben erledigen.

Bild 4 zeigt drei weitere Schreibtischutensilien - den Taschenrechner, einen Kalender, eine Uhr - und das Spiel Reversi. Die Möglichkeiten des Taschenrechners sind anhand der Tasten zu sehen. Das Ergebnis von Berechnungen kann natürlich in jedes andere Programm übernommen werden. Der Kalender entspricht in der Leistung etwa dem, was man von einem solchen residenten Programm wie Spotlight gewohnt ist. Es kann für wichtige Termine auch ein Alarm eingestellt werden. Der Kalender macht darauf dann durch Blinken des Icons aufmerksam und zeigt beim erneuten Aufruf des Kalenders dann als erstes die Meldung zu diesem Termin an.

Auf den Bildschirmen 3 und 4 ist deutlich zu sehen, wie Windows den Bildschirm verwaltet. Bei anderen Produkten überlagern sich die Fenster, so dass es passieren kann, dass man auf ein Programm nicht mehr zugreifen kann. Nicht so bei Windows. es verwendet ein Konzept. das sich »Tiling« nennt. Hierbei überlagern sich die Fenster nicht, sondern der verfügbare Bildschirmplatz wird immer optimal zwischen den einzelnen Programmen aufgeteilt. Die Platzierung eines Programms ist natürlich steuerbar, ebenso auch die Größe eines Fensters. Wenn man sich auf ein Programm konzentrieren möchte, kann man es mit einem Doppelklick auf der rechten oberen Fensterecke auf den ganzen Bildschirm »zoomen«.

 

Leistungsfähige Anwendungsprogramme

Was wäre eine Fensterumgebung ohne Malprogramm? Unter Windows heißt es MS-Paint und kann alles, was andere Programme dieser Art auch können (MacPaint, PC-Paint etc.), in einigen Fällen sogar mehr. In einem Punkt hinkt es jedoch hinter den sonstigen Windows-Möglichkeiten hinterher. Es unterstützt keine Farbe, sondern arbeitet nur mit zahlreichen Mustern. Doch dies ist - zumindest solange es noch keine preiswerten und weitverbreiteten Farbausgabegeräte gibt - kein Manko.

Der absolute Knüller im Windows-Paket ist MS-Write, ein echtes Textverarbeitungsprogramm mit fast allen Möglichkeiten, die die Mac-Version von Microsoft Word bietet. Neben der Unterstützung der verschiedenen Schriftarten und -größen des Systems können auch Grafiken in den Text eingebaut werden. In diesem Beispiel wurde eine Grafik aus Lotus 1-2-3 übernommen.

 

Textverarbeitung

Die Datenübernahme aus anderen Programmen - auch solchen, die nicht in einem Fenster laufen - ist denkbar einfach. Bei einer Grafik drückt man beispielsweise nur die Tastenkombination Alt-PrtSc. Windows invertiert dann die Grafik und speichert sie intern im Clipborad zwischen. Wenn man dann das Programm Paint oder auch Write aufruft und den Befehl Paste (Einfügen) aufruft, wird die Grafik in das Programm übernommen. Ähnlich können auch Texte übernommen werden.

Der Kommunikation mit anderen Computern dient das Terminal-Emulationsprogramm. Es kann ein VT52- oder ANSI-Terminal emulieren und verfügt über die wichtigsten Möglichkeiten, die man von einem solchen Programm erwartet.

In den USA ist bereits schon ein Anwendungsprogramm für Windows von einem externen Softwarehaus verfügbar. Es heißt In-A-Vision und kommt von MicroGraphX Es ist ein objektorientiertes Zeichenprogramm, das in der Bedienung an Mac- und LisaDraw angelehnt ist. Das 500-Dollar-Programm deckt den weiten Bereich zwischen dem bitmuster-orientierten Paint und komplizierten CAD-Programmen ab.

 

Keine Probleme mit »alter« Software

Der Erfolg eines solchen Programms wie Windows hängt nicht zuletzt von der Unterstützung existierender Programme ab. Auch hier ist Windows vorbildlich. Zu jedem »alten« Programm legt man einmal eine Programm-Informations-Datei mit dem Programm Information Editor an. Hier werden einige Angaben zu dem jeweiligen Programm gemacht: wie es heißt, in welchem Verzeichnis die Daten dazu zu finden sind, wie viel Speicher es benötigt, ob es direkt auf Systemspeicher, Schnittstellen oder die Tastatur zugreift und in welcher Form Daten übernommen werden können, als Text oder Grafik. Danach weiß Windows, wie dieses Programm zu handhaben ist. Die PIF-Dateien sind TopView kompatibel (wie übrigens auch noch einige andere Teile von Windows). Programme, die direkt in den Bildschirmspeicher schreiben, können nicht in einem Fenster laufen. Für sie tritt Windows in den Hintergrund und das Programm sieht aus wie gewohnt. Programme, die die Bildschirmsteuerung über Systemfunktionen (zum Beispiel Escape-Sequenzen nach ANSI-Norm) durchführen, können in einem Fenster laufen. Die Bedienung ändert sich dadurch natürlich nicht und es ist immer am günstigsten, wenn man dem Programm durch zweimaliges Klicken in der rechten oberen Ecke des Fensters den gesamten Bildschirm zur Verfügung stellt.

Bild 10 zeigt drei Programme, die nicht für Windows geschrieben wurden, aber doch in einem Fenster laufen, zusammen mit der Uhr. Bei den Programmen handelt es sich um Microsoft Word (die Version vom Siemens PCD, die die ANSI-Bildschirmsteuerung verwendet), Multiplan (das für ANSI-Terminal installiert wurde) und der Microsoft BASIC-Interpreter, Texte können hier aus Multiplan oder Basic in Word übernommen werden, indem man den gewünschten Bereich auf dem Bildschirm mit der Maus kennzeichnet und im Clipboard zwischenspeichert. Wenn man dann in das Word-Fenster geht und die Systemfunktion Einfügen (Paste) wählt, wird der Text an der Cursorposition eingefügt, so, als wäre er über die Tastatur eingegeben worden.

Softwareentwickler können von Microsoft alle notwendigen Teile von Windows bekommen, um ihre Software auch auf Computern laufen zu lassen, die nicht mit Windows ausgestattet sind. Dies ist sicherlich ein cleverer Schachzug von Microsoft, der für alle Beteiligten Vorteile bringt. Microsoft erhält so die für einen Erfolg von Windows wichtige Softwareunterstützung und die Entwickler erhalten eine komfortable Benutzerschnittstelle und brauchen sich nicht um die Details der Hardwareumgebung wie zum Beispiel die verschiedenen Grafikkarten zu kümmern.

Microsoft Windows kann derzeit in Microsoft C und Microsoft Pascal programmiert werden. Softwareentwickler können zum Preis von 2045 Mark ein komplettes Entwicklungs-Toolkit beziehen. Wer ein Microsoft-Windows-Seminar besucht, kann das Toolkit zum gleichen Preis mit dem neuen, äußerst leistungsfähigen Microsoft-C-Compiler erhalten, der normalerweise ebenfalls 2045 Mark kostet. Das Toolkit enthält viele Programmbeispiele (zum Beispiel den kompletten Quellcode des Karteiprogramms Cardfile). Es enthält weitere für die Entwicklung benötigte Tools wie einen Dialog Editor zum Erstellen von Dialog-Boxen, einen Icon Editor zur Erstellung von Icons und Cursorn (Bild 11) und einen Font Editor zur Bearbeitung von Zeichensätzen.

Übrigens braucht man nicht unbedingt eine Maus. um Microsoft Windows zu bedienen. Alle Programme sind auch über die Tastatur steuerbar. Es werden dazu Alt-Tastenkombinationen verwendet. Diese Methode ist zwar im allgemeinen nicht empfehlenswert, da etwas umständlich, kann aber in gewissen Situationen durchaus nützlich sein, zum Beispiel, wenn man mit einem Textverarbeitungsprogramm arbeitet und für eine kurze Befehlseingabe die Hände nicht von der Tastatur nehmen möchte.

 

Ein Blick hinter die Kulissen

Sehr interessant ist auch. was Microsoft Windows »hinter den Kulissen« zu bieten hat. So verfügt es nicht nur über Multitasking-Eigenschaften sondern beinhaltet eine systemunabhängige Grafikschnittstelle (VDI - Virtual Device Interface), die es ermöglicht, dass ein Programm, das nach Windows-Spezifikationen erstellt wurde, auf jedem 8088/86/186/286-Computer läuft der mit Windows ausgestattet ist.

Windows benötigt an Hardware einen Personal Computer mit zwei doppelseitigen Diskettenlaufwerken. 256 KByte Speicher und einer Grafikkarte. An Software wird MS-DOS 2.0 oder neuer vorausgesetzt. Wenn man mehrere Programme gleichzeitig aufrufen möchte, empfiehlt Microsoft mehr Speicher. Da Speicherplatz immer billiger wird und einige Systeme bereits standardmäßig mit 640 KByte ausgeliefert werden, ist dies kein großes Problem. Empfehlenswert ist auf jeden Fall auch eine Festplatte, da Windows mit allen Programmteilen bereits vier Disketten belegt. Aber da auch hier die Preise stetig sinken, ist diese Investition meist nicht so gravierend (besonders wenn man den günstigen Preis der Software berücksichtigt). 20-MByte-Platten sind derzeit zum Teil bereits für 1500 Mark zu bekommen.

Wenn man mehrere große Programme gleichzeitig verwendet, beginnt Windows zu »swappen«, das heißt, auf Platte auszulagern. Das verlangsamt den Wechsel zwischen den Programmen natürlich erheblich. Aber auch hier gibt es eine Lösung. Windows unterstützt die sogenannte Lotus/Intel/Microsoft-Spezifikation für erweiterten Speicher. Damit wird es möglich, auf einem normalen PC mit solchen Speicherkarten wie dem Intel Above Board bis zu 4 zusätzliche MegaByte anzusprechen. In einer solchen Konfiguration wird dann dieser Speicher von Windows zum Auslagern und für andere Zwecke verwendet.

 

Gute Zukunftschancen gegen die Konkurrenz

Microsoft Windows ist nicht das einzige Produkt dieser Art auf dem Markt. Die wichtigsten Konkurrenten sind GEM und TopView. GEM fehlt die Multitasking-Fähigkeit und es ist teurer. TopView hat zwar IBM im Rücken, es fehlen ihm jedoch die ausgezeichneten Grafikeigenschaften und die Systemunabhängigkeit von Windows. IBM soll darüber hinaus in den USA bereits lebhaft an Windows interessiert sein. Gerüchten zufolge soll Windows in Kürze über die IBM-Product-Center verkauft werden. Genährt werden diese Gerüchte zusätzlich durch die kürzlich zwischen IBM und Microsoft vereinbarte engere Zusammenarbeit und durch die Tatsache, dass IBM seine Pläne GEM zu vermarkten vor kurzem wieder hat fallenlassen.

Viele Softwarehäuser, die für den Mac Programme entwickelt haben, zeigen Interesse an einer Übertragung auf Windows. So meint etwa Alexander Ford von Hayden Software, einer Firma, die etliche Anwendungen für den Mac anbietet: »Wir haben derzeit 22 Produkte für den Mac und wir planen, mindestens sechs davon auf den IBM-PC umzusetzen. Ich kann fast garantieren, dass wir für alle Microsoft Windows verwenden werden.«

Doch Windows braucht die Unterstützung großer OEMs oder Softwarehäuser nicht unbedingt, um für Anwender interessant zu sein, denn es hat auch so ein ausgezeichnetes Preis-/Leistungs-Verhältnis. Bereits die Schreibtischutensilien und Anwendungsprogramme kosten separat mehr. Zählen Sie selbst einmal zusammen, was vergleichbare Software einzeln kostet: Microsoft-Word für den Mac 800 Mark; PC-Paint 900 Mark; Spotlight 560 Mark. Da hat man bereits den 5 1/2-fachen Preis, aber nur die Hälfte der Anwendungen von Windows, keine einheitliche Bedienung und vor allem immer noch kein Multitasking.

Microsoft hat mit Windows die IBM Personal Computer (bzw. die kompatiblen Systeme) zum stärksten Konkurrenten des Apple Mac gemacht. Wer bereits einen PC hat, bekommt die Mac-Fähigkeiten bereits zum einmaligen Preis von 399 Mark plus 799 Mark für eine Maus, Wer noch keinen PC hat und etwas für den Mac übrig hat, kann durch den Kauf eines Kompatiblen günstiger wegkommen, als bei einem Mac: komplette PC-Kompatible (und zum Teil auch die IBM-PCs selbst) sind mit Diskettenlaufwerken und reichlich Speicher bereits ab 4000 Mark zu haben, die Preise für Festplattensysteme beginnen bei 6000 Mark; da kommt man dann inklusive Windows, einer Maus und einer eventuellen Speichererweiterung auf etwa 7000 - 9000 Mark, hat dann aber ein Festplattensystem und kann noch die komplette Software für IBM Personal Computer verwenden.

 

Standard-Benutzerschnittstelle von morgen

Microsoft Windows ist ein Betriebssystem, bei dem einmal nicht vergessen wurde, dass ein Computer auch von »einfachen Leuten« und nicht nur von Systemexperten bedienbar sein soll, aber trotzdem (oder gerade deshalb) viel, viel Leistung bieten muss und nur wenige Einschränkungen aufweisen darf. Nach mehreren Wochen Erprobung (und einigen Erfahrungen mit dem Apple Mac und GEM) glaube ich: Die Standard-Benutzerschnittstelle für die neuen leistungsfähigen 80286-Computer und die kommenden 80386-Generation wird nicht TopView oder GEM, sondern Microsoft Windows heißen.

(Günter Jürgensmeier/bo)


Chip 2 / 86

(Scan inklusive Bilder gibt es bei den Downloads)

 

Die Fenster zur Maschine

CHIP-Test: Windows, Top View, GEM & Macintosch

Fenster kommen in Mode. Microsoft stellt Windows vor, Digital-Research eine neue Fassung von GEM, und IBM selbst bietet Top View an. Am Apple Macintosh müssen sie sich messen lassen.

Die Bedienung von Computern für ihre Anwendung im Büro und zu Hause ist immer noch zu kompliziert. Schwierige wechselnde Befehlsstrukturen rauben Konzentration und Zeit. „Desk Tops", der Wirklichkeit nachempfundene Bildschirmoberflächen, sollen helfen, den heimlichen Stress am Computer zu reduzieren. Sie sollen Abhilfe schaffen, indem sie sich an den natürlichen Seh- und Arbeitsgewohnheiten des Menschen orientieren.

Als Apple vor etwa drei Jahren unter dieser Zielsetzung die Fachwelt mit einem völlig neuen Computerkonzept, der Lisa, in Erstaunen versetzte, vermutete mancher schon einen erneuten enormen Aufschwung der Firma Apple. Aber die Lisa war zu teuer, und auch die abgemagerte Version in Form des Macintosh konnte sich auf dem Markt nicht so recht durchsetzen, was nicht zuletzt eine Folge der von Apple betriebenen Preispolitik war.

Während die Konkurrenz preislich tiefer und tiefer sackte, bis professionelles Arbeiten am Computer auch für Privatleute erschwinglich wurde, beharrte man beim Mac auf dem scheinbar überhöhten Preis.

Mancher, der wegen der unschlagbar einfachen und sicheren Bedienungsweise im Mac den idealen Computer sah und warten wollte, bis auch dieses Gerät am allgemeinen Preisverfall teilnahm, der wartet heute noch vergebens.

Mittlerweile jedoch  arbeiteten viele Software-Häuser fieberhaft an einer dem Mac-Standard ähnlichen Benutzeroberfläche für Personal Computer.

Was uns gefällt

  • MS-Windows: Viele angepasste Programme (Applikationen)
  • Top View: Vereinfachte Harddisk-Verwaltung
  • GEM: Vergleichsweise schnell, komfortabel und übersichtlich, farbig
  • Macintosh: Noch schneller, noch übersichtlicher, noch komfortabler noch mehr Applikationen

Was uns nicht gefällt

  • MS-Windows: Sehr langsam bei simuliertem Multitasking, Desktop etwas unübersichtlich, noch nicht hundertprozentig ausgereift.
  • Top View: Großer Speicherplatzbedarf, vergleichsweise komplizierte Bedienung, Unverträglichkeit mit verschiedenen Programmen
  • GEM: Könnte noch schneller sein
  • Macintosh: Keine Farbe

Die ersten Ergebnisse liegen vor: IBM bietet für seine eigenen und kompatiblen Geräte Top-View an, ebenfalls für den IBM PC-Standard hat Microsoft das integrierte Software-Paket Windows entworfen, und Digital Research ist kürzlich mit einer überarbeiteten Version des GEM herausgekommen.

Letzteres sorgte in der Fachwelt für einige Unruhe, denn Apple fand das Design dem Mac-Bildschirm zu ähnlich, meldete künstlerisches Urheberrecht an und drohte mit rechtlichen Schritten. Das scheint absurd angesichts der immer noch nicht völlig geklärten Urheberrechtsfrage bei Software. Algorithmen sollen praktisch nicht zu schützen sein, eine „künstlerische Gestaltung" dieser Software aber wohl? Wie sich zeigt, liegt jedoch durchaus ein Sinn dahinter. Die Firma Apple will endlich die Früchte ernten, die sie mit dem Lisa-Konzept gesät hat.

Zu einem Prozess zwischen Apple und dem GEM-Produzenten Digital Research kam es jedoch gar nicht erst. Digital Research erklärte sich damit einverstanden, sein GEM-Design zu ändern und den Verantwortlichen bei Apple eine Auswahl geänderter Desktops vorzulegen, aus denen Apple sich einen ihm genehmen aussuchen durfte.

An den jetzt noch verkauften alten GEM-Versionen verdient Apple kräftig mit und tröstet im Gegenzug den Konkurrenten Digital Research mit einem dicken Auftragspaket. Damit gibt sich Apple zufrieden und denkt gar nicht daran, jetzt endlich seine Preise zu senken. Grund genug, die Softwareunterstützten Konkurrenten des Mac einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Bei Windows, der integrierten Software von Microsoft, fällt die Ähnlichkeit mit dem Mac immer noch recht deutlich aus. Wie beim Vorbild ist es möglich, den Bildschirm relativ frei unter verschiedenen unterstützten Programmen aufzuteilen. Das ermöglicht ein fast gleichzeitiges Bearbeiten von unterschiedlichen Dateien per Maus, ohne dass man sich in der Befehlsstruktur des Disk Operating Systems auskennen müsste.

Um es übrigens gleich vorwegzunehmen: Um echtes Multitasking handelt es sich nicht, wenn IBM und Microsoft auch damit werben. Die Programme im Hintergrund werden angehalten, bis sie wieder zugeschaltet werden. Multitasking ist hier simuliert, kann aber dennoch eine große Hilfe sein.

Allerdings scheitert dieser Komfort meist an der Leistungsfähigkeit dar üblichen ComputerKonfiguration mit zwei Laufwerken zu je 360 kByte und einem auf maximal 640 kByte aufrüstbaren RAM-Speicher. Prinzipiell läuft das Programm zwar zuverlässig auf fast jedem Computer (Voraussetzung: Eine MS oder PC-DOS-Version über 2.0) mit mehr als einer Diskettenstation.

Der eigentlich erstrebte Vorteil einer integrierten Software, zwischen Programmen hin und herzuspringen, ist mit dem Erwerb von Windows alleine nicht automatisch erreicht. Im Gegenteil: Dadurch, dass Windows mindestens ein Laufwerk permanent belegt, steht dem Benutzer weniger Komfort zur Verfügung, als wenn er seine Programme ohne jede Desktop-Unterstützung wie gewohnt bedient.

Ein Beispiel: Um auf einem hochgerüsteten PC mit zwei Laufwerken das integrierte   Textverarbeitungsprogramm Word auch nur zu starten, darf man viermal die Diskette im Laufwerk B wechseln. Von Bedienerfreundlichkeit kann dabei nicht mehr die Rede sein.

Das Minimum für einigermaßen bequeme Bedienung ist also nicht die laut Hersteller nötige Grundausstattung (zwei Laufwerke, 256 kByte RAM), sondern drei Laufwerke und wenigstens 512 RAM. um wenigstens ein bisschen zwischen den einzelnen Programmteilen hin und herschalten zu können. Dann allerdings muss man sich immer noch die Mühe machen, dem eigenen Bedarf gemäß verschiedene Programmpakete auf Arbeitsdisketten zusammenzustellen.

Paint schluckt alleine etwa 90 kBypte Platz, Write nimmt mit fast 190 kByte schon mehr als die Hälfte einer normalen 360 kByte-Diskette in Anspruch. Das zu früh gerühmte „Multitasking auf dem PC" ist mit Windows allein nicht machbar!

Es sei denn, man entschließt sich doch noch zum Kauf eines Festplattenspeichers, auf dem das Programm einigermaßen bequem unterzubringen ist. Damit stellt Windows weit größeren Anspruch an die Hardware, als man es sich wünschen würde. Um mit Multitasking komfortabel und schnell „fensterln" zu können, kommt man um einen mit möglichst hoher Taktfrequenz ausgestatteten 16-Bit-PC mit Festplatte kaum herum. Ein AT muss her  oder etwas in derselben Leistungsklasse.

Aber auch dann kann es trägheitsbedingte Probleme geben. Wer den Macintosh wegen seines sprichwörtlichen Schneckentempos nicht ernstgenommen hat, der kann sehen, wie extrem teure und schnelle Computer ins Schleudern kommen, wenn sie ein ähnlich komfortabel ausgestattetes Programm fahren wollen wie der kleine Mac. Die Verarbeitungszeit jedes einzelnen Kommandos zieht sich furchtbar in. die Länge, wenn die Mehrfachbelegung des Bildschirms allzu exzessiv genutzt wird.

Nur um den Bildschirm für weitere Bearbeitung wieder freizubekommen ist es schneller, Windows per Reset brutal abzubrechen und neu zu starten, als die Einzelprogramme Stück für Stück wieder in ihre Speicherhöhlen zu verbannen.

Der geübte Anwender wird deshalb nicht sonderlich viel Gebrauch davon machen und sich darauf beschränken, sich die Programme als „Icons" auf die Fußleiste zu legen, von wo aus sie relativ schnell wieder abrufbar sind. Die nicht abgespeicherten Veränderungen werden gepuffert und bleiben liegen, bis man den gesamten Arbeitsvorgang abbrechen und auf Systemebene zurückkehren will. Dann allerdings offenbart das Programm eine unschöne Kinderkrankheit: Zwar weist es den Benutzer brav darauf hin, dass noch nicht gesicherte Dateien im Puffer liegen. und fragt, ob man sie abspeichern oder verwerfen will. Das heißt jedoch nicht, dass man die Wahl hat. Auch wenn man mit der Maus „No" ansteuert, lässt einen das Programm nicht los, bis die Datei abgespeichert wurde; auf der DOS-Ebene kann man sie dann löschen.

Daten sichern

Microsoft hat sich viel vorgenommen mit seinen Fenstern. Sie sollen nicht nur IBM-kompatibel sein, sondern nach Möglichkeit jeden unter MS-DOS fahrenden Computer bedienen können. Wie es aussieht, ist das auch gelungen  von einer Unverträglichkeit bestimmten Programmen gegenüber abgesehen. Windows gerät  selten, aber doch  in Konflikt mit den Diskettenzugriffen anderer Programme. Das sind allerdings nur wenige und zum Glück solche, die selten in Gebrauch kommen  vor allem, wenn man die Vorteile der integrierten Window-Applikationen nützt. Bei manchen Computern und Programmen, die besondere Tastenkombinationen zum Aufruf belegen, ist allerdings Vorsicht geboten. Manche Kombinationen wie (Prt Sc) (Print Screen) lässt Windows gar nicht erst zu, andere bringen das Programm zum Absturz, Die nicht gesicherten Dateien gehen dann unwiderruflich verloren.

Windows entbindet einen also nicht von der ersten Anwenderpflicht: Sichern, sichern, sichern ... Man ist fast versucht zu sagen, Windows sei deswegen so unperfekt, weil es zu perfekt sein will. Es will Multitasking  möglich machen, weil gleichzeitige Bearbeitung auf ein und demselben Bildschirm und einerseits mit einer ganzen. Reihe von Applikationen einen Standard setzen, andererseits aber ein Hintertürchen zu herkömmlichen Anwenderprogrammen offenhalten. Windows zeigt, dass es prinzipiell möglich ist, aber ein entsprechender Verlust an Zeit und Programmsicherheit ist vorläufig der Preis, der dafür zu zahlen ist.

Mit Kinderkrankheiten  herumschlagen muss sich Digital Research nicht mehr. Als erste Firma, die sich mit einem am Mac orientierten Software-Paket auf den Markt gewagt hat, ist sie mit ihrem „Diamanten" GEM (Graphics Environment Manager) über das Erprobungsstadium schon hinaus. Und obwohl die Nachfrage in den USA vorerst gar nicht so groß war (die älteren Versionen von GEM waren recht behäbig und brachten Komfort, brauchten aber viel Zeit), schien der Firma Apple die Konkurrenz doch gefährlich genug, um es auf eine Auseinandersetzung ankommen zu lassen.

Mit gutem Grund, wie sich herausstellt. Digital Research hat sein Programm ganz schön auf Vordermann gebracht, was die benötigte Zeit angeht. In Optik und Bedienung ähnelt es bis auf die Farbfähigkeit Windows. gibt sich aber bescheidener. Es verzichtet von vorneherein auf simuliertes Multitasking, macht diesen Nachteil durch sein höheres Tempo im Laden und Verändern der bearbeiteten Programme bei weitem wieder weit. Die Bedienerführung war von vorneherein etwas anwenderfreundlicher strukturiert. So erfordert schon das Starten eines Programmes bei GEM einen einzigen, bei Windows zwei Arbeitsvorgänge.

Ein weiterer Vorteil von GEM ist zweifellos die schon gewisse Zeit andauernde Marktpräsenz.

Dadurch kann GEM sozusagen mit größerer Reife aufwarten als die Konkurrenten auf purer Software-Basis. Auch bei GEM gilt aber, dass für volle Nutzung der Vorzüge auf einem PC die Installation einer Festplatte nicht zu umgehen ist.

Die Alternative

Eine andere Marschrichtung für GEM zeichnet sich bei der Zusammenarbeit von Digital Research mit dem Atari 520 ST und dem Commodore Amiga ab. Durch die vergleichsweise riesigen Arbeitsspeicher und die Diskettenspeicher von über einem Megabyte treffen diese Geräte die üblichen PC an ihrer verwundbarsten Stelle. Sie bieten von vorneherein die wichtigsten Voraussetzungen für einen komfortablen und schnellen Desktop, ohne aufwendige Festplattensysteme zu benötigen.

Im Vergleich zu den sich glitzernd und komfortabel gebenden Paketen GEM und Windows stellt sich die Alternative von IBM eher bescheiden dar. Das Programm selbst bietet in erster Linie Listen. Top View geht davon aus, dass es sich bei Computer-Anwendern ohnehin nicht um Analphabeten handelt und arbeitet textorientiert, anstatt den Benutzer mit Piktogrammen zu führen. Es macht sich gar nicht erst die Mühe, zu viele eigene Applikationen zu integrieren, sondern stellt ein Hilfsmenü zur Verfügung, mit dem sich eine Reihenfolge von häufig gebrauchten Anwenderprogrammen definieren lässt, die bei Angabe des entsprechenden Datei und Laufwerknamens (gegebenenfalls des Unter-Directories) bequem zugeladen werden können. Allerdings ist es nicht so, dass Top View deswegen wirklich vielseitiger wäre.

Es steckt ein anderes Konzept dahinter: Das Programm kann seine zum Ablauf nicht mehr benötigten überflüssigen Daten in einem Zwischenspeicher puffern. Es belegt selbst den Arbeitsspeicher und wartet nicht ab, bis es aufgerufen wird. Damit sind die Zukunftsmöglichkeiten begrenzt. Der Arbeitsspeicher wird permanent stark belastet,

Insofern hat Top View gewisse Ähnlichkeiten mit Sidekick. Allerdings nimmt das IBM-Fenster durch den zusätzlichen Komfort von Mausbedienung und DOS-Zugriffen auch wesentlich mehr Platz in Anspruch, was es wie seine Konkurrenten auf Software*Basis im Grunde zum Festplattenverwalter macht. Es ist ein Hilfsprogramm, das dennoch  zumindest für die Installation  einiges Knowhow über die Befehls und Suchstruktur von MS*DOS erfordert. Sind diese Strukturen erst einmal vorgegeben, wird das Arbeiten mit Top View fast schon zum Kinderspiel. Die sonst meist recht komplizierte Verwaltung von Festspeicher-Medien reduziert sich auf einen Mäuseklick. So ist es durchaus kein Zufall, dass Händler in den vereinigten Staaten, wo alle hier besprochenen Programme den Endbenutzer erstaunlich wenig interessieren, Käufer von Festplatten ohne Aufpreis mit Top View als Mitgift versehen.

Top View ist auf Computer mit MS oder PC-DOS Betriebssystem zugeschnitten, die nicht mehr als 640 kByte RAM verkraften, und die sind schnell voll, wenn man mit mehreren umfangreichen Programmen arbeiten will. Ordnung muss man halten, denn alle laufenden Programme müssen abgeschlossen werden.

Zudem gilt es noch etwas zu beachten: Top View verträgt sich nicht mit jedem Programm.

Für den Kauf gilt es sicherzustellen, dass der eigene „IBM-Kompatible" auch wirklich in der Lage ist, Top View zu schlucken. Wie bei jeder von IBM selbst angebotenen Software wird Kompatibilität zum Schlüsselwort. Und mancher Computer, der bisher ohne Schwierigkeiten jedes Anwenderprogramm auf IBM-Standard hat verwenden können, scheitert an Top View.

Der schon 1982 erfolgte Alleingang von Apple mit Lisa und Macintosh hat sich trotz etlicher Zweifel gelohnt. Während die anderen Anbieter Mühe haben, ihre Produkte einem vorgegebenen Standard von Hardware anzupassen, wurden Lisa und Mac von vorneherein um den Desktop Standard herum gebaut.

Es gibt erheblich weniger Möglichkeiten, einen Mac aus dem Gleichgewicht zu bringen als bei allen seinen Software-Konkurrenten.  Das   aus Computer und Programm bestehende Konzept ist rund und durchdacht. Der Mac versucht nicht, mehr zu sein als er ist und lässt simuliertes Multitasking zwar zu, jedoch nur in einem Umfang, der Arbeits- und Diskettenspeicher nicht überfordert.

Beispielhaftes Design

Ein weiterer Vorteil ist das im Gegensatz zu den Konkurrenten wirklich beispiellos einfache Design der Piktogramme. Es ist kein Wunder, dass Apple die grafische Auslegung seines Desktops so eifersüchtig behütet und Plagiate fürchtet.

Der allen Programmen (ausgenommen den Macintosh) gemeinsame Nachteil, dass die Hardware mit Festplatte und großem Arbeitsspeicher recht umfangreich gestaltet sein muss, um die Programme und ihr Angebot auch wirklich nutzen zu können, kann den Besitzer eines „durchschnittlichen" PC kaum befriedigen. Multitasking  und sei es auch nur simuliert  in Verbindung mit der benutzerfreundlichen Bildschirmoberfläche kostet nun mal Speicherplatz.

Auch ohne Festplatte

Wer dennoch nicht darauf verzichten will, ohne jedoch über eine Festplatte zu verfügen, der muss sich ein bisschen auf der Ebene des DOS-Befehlssatzes auskennen und bereit sein, auf den Komfort von Maus und Desktop zu verzichten. Dann steht ihm mit Multiple Choice von Awesome Technologies ein kleines, aber effektives Programm zur Verfügung, das ihm auf Tastendruck das Bearbeiten von bis zu neun verschiedenen und verschieden umfangreichen Anwenderprogrammen gleichzeitig erlaubt. Allemal eine nützliche Hilfe.

Die bedienerfreundliche Oberfläche hat eben ihren Preis, Entweder muss man seinen heimischen PC so weit als möglich aufrüsten (sofern man nicht sowieso entsprechend ausgestattet ist), oder man muss sich einen eigens für Mausbedienung zurechtgeschneiderten Computer wie den Mac zulegen. Die Hoffnung, dass der PC-Standard sich so leicht umstellen lässt, ist wohl dahin. Den Software-Produzenten ist kein Vorwurf zu machen. Sie geben ihr Bestes  und das ist ansehnlich.

Der Fehler liegt vielmehr in der Hardware. Ein neuer Standard kann nicht mit alten Rezepten gesetzt werden. Der Desktop ist ein neuer Standard, keine Software von vielen. Die Programme sind gut. Es fehlen die darauf zurechtgeschnittenen Computer. Der PC ist zwar ein Alleskönner, aber wenn Spezialisten gefragt sind, müssen Spezialisten ran.

Das vielseitigere Werkzeug ist immer das schlechtere, wenn es um spezialisiertes, schnelles und effektives Arbeiten geht. Das ist wie der Unterschied zwischen einem Taschenmesser und einem Brotmesser. Das Taschenmesser hat Korkenzieher dabei, Flaschenöffner, große und kleine Klinge, eine Schere womöglich noch... Aber ein Taschenmesser, das besser Brot schneidet als ein Brotmesser - das wird es wohl nie geben, Und ein PC, der das Fenster in die Maschine leichter öffnet als der Mac, ist noch nicht in Sicht.

Thomas Vogler

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